Im Laufe eines 7-wöchigen Aufenthaltes in einer Klinik beschäftigte ich mich zwangsläufig mit mir selbst, meiner Biografie und den diversen Verhaltensweisen in den verschiedensten Alltagssituationen.
Nun, hier sollte ich mich auf die Suche nach den Fragen der Fragen begeben und mich
in die Tiefen meiner Psyche durchwursteln.
Wieso bin ich das, was ich bin und vor allen Dingen wer bin ich überhaupt noch bzw. wer möchte ich sein?
Das mag sich vielleicht etwas sonderbar anhören, denn jeder weiss doch,
wer man ist. zumindest meint man es zu wissen.
Eingangs, in der Vorstellungsrunde vor ca. 60 fremden Teilnehmer*innen,
wurde mir die Frage von dem Chefarzt der Abteilung für Psychologie,
ein sehr ruhiger und besonnener Mensch, mit einer gewissen spirituellen Aura, gestellt, wer ich denn sei?
Meine Antwort war eine ganz nüchterne und dennoch für die meisten der Anwesenden unerwartet,
wie es sich in den Folgegesprächen später herausstellte.
Ich zählte auf, was ich alles bin, nämlich:
Gärtner, Tischler, Maler, Koch, Elektriker,Wühler, Jäger,
Parkettverleger, Grillmeister, Genießer,
Dekorateur, Musiker, DJ, Kulturschaffender,
Tänzer, Yogi, Hedonist, Idealist, Träumer,
Weltenbummler,Flaneur, Verführer, Liebhaber,
Vater, Ehemann, Bruder, Sohn usw.
und dass ich mit meinem Brotberuf,
bei dem man angeblich
morgens recht und nachmittags frei hätte,
den Lebensunterhalt für meine Familie verdiente.
Des Weiteren erzählte ich mit klagender Stimme über den enormen Alltagsstress und
der zunehmenden Rauheit und Aggressivität der Menschen gegenüber Pädagoge*innen
insbesondere in den letzten Jahren.
Außerdem offenbarte ich dieser fremden Menge an Menschen mit
mindestens 60 Nasen, 60 Paar-Augen sowie Ohren,
dass der Grund meiner Teilnahme u.A.
ein
gebrochenes
Herz
sei.
Möge die Reise in die Tiefen der Psyche beginnen.
"Please fasten your Seatbelts"
würde jetzt die Co-Pilotin Jenny durch die Lautsprecher verkünden.
Die anfängliche Freude über die Teilnahme an
einem heilungsversprechenden Prozess an einer renommierten Klinik
war jedoch von kurzer Dauer, denn nach ca. 2 Wochen
voller neuer und interessanter Bekanntschaften, unzähliger Gespräche,
einigen wilden Parties in einem abgefahrenen Lokal mit ultra strangen Gestalten
und Kilometer langen Spaziergängen durch die Stadt und den Parkanlagen,
mit Mucke auf den Ohren und dem nötigen Groove in allen Zellen meines Körpers,
der sich im übrigen und das sei nur nebenbei mal erwähnt-
in den letzten 12 Wochen um 10 Kilogramm von selbst erleichtert hatte,
kam schon der Einbruch.
Im wahrsten Sinne des Wortes einfach
"abgeschmiert".
Die ersten beiden Wochen waren sozusagen zum Warmwerden.
Die eigentliche Reise ging hier erst richtig los.
nach ca. 5 weiteren Wochen kam ich zu der Erkenntnis,
dass das Selbst neben dem "ICH"
eine weitere Wahl hatte und zwar das "MICH".
Leider kommt man an dieser Stelle ohne einen theoretischen Input nicht mehr weiter,
wenn man kein großer Fan von sinnentleertem Rätselraten und Küchenpsychologie,
übrigens Letzteres ein weiterer Aspekt meines "ICH", ist.
Beide Zweige "ICH" und "MICH" existieren in Symbiose
und in einer Art Co-Existenz mit und zu einander.
Nur um es kurz zu umreissen, während das "ICH" alle Eigenschaften,
äußere Merkmale und die Skills beinhaltet,
setzt sich das "Mich" aus den Aspekten der Emotionalität sowie Spiritualität zusammen.
Die Grundlagen des "MICH" werden hierbei in den ersten Jahren des Lebens,
also im Säuglings-und Kindesalter, manifestiert und bilden somit die Grundpfeiler der Persönlichkeit aus.
Jedem Erwachsenen wohnt das sogenannte Innere-Kind inne.
Bestimmte Verhaltensmuster und Stressreaktionen im Erwachsenenalter
haben ihren Ursprung in der frühkindlichen Lebensphase.
Traumageschichten in der Kindheit sind
der Grund für konditionierte Verhaltensweisen in der Gegenwart,
weil diese paradoxerweise Sicherheit evozieren.
Wenn die Mutter beispielsweise depressiv war bzw.
wenn das Kind die eigene Persönlichkeit nicht ausleben durfte,
weil es stets mit Ablehnung und Liebesentzug dazu konditioniert wurde,
die eigene Persönlichkeit durch die Unterdrückung eigener Bedürfnisse gänzlich aufzugeben.
Die Verankerung dieser Reaktionen finden ebenfalls auf neuronaler Ebene statt,
sodass angeeignete Verhaltensmuster unterbewusst reguliert und
in Abhängigkeit zur indizierenden Situation zur Erscheinung treten.
Dabei fehlt es dem Betroffenen die Einsicht,
da dieses Verhalten ja bereits als Kind ein vermeintliches
Gefühl von Sicherheit brachte.
Diese Verhaltensmuster drücken sich durch Hyperwachsamkeit und -sensibilität
als die Aneignung einer zwanghaften Kontrolle der Umgebung,
Mikromanagement anderer Menschen,
vor dem Hintergrund jede Bedrohung
rechtzeitig erkennen und umgehen zu können.
Jede Stresssituation im Kindesalter hat tiefgreifende Wirkungen
auf die Entwicklung unseres Nervensystems.
Kurz gesagt:
Die Quelle allen Übels liegt immer in der Kindheit.
Während der Reise zum Inneren-Kind erwartet jeden Menschen,
ungeachtet aller sozialer Disparitäten,
die Begegnung mit dem Schmerz.
Dieser Schmerz ist ebenfalls der Indikator unseres "MICH",
das wiederum als Katalysator unseres Verhaltens
im späteren Erwachsenenalter sein (Un-) Wesen treibt,
und darüber hinaus eine unterbewusste Einflussnahme auf das "ICH" ausübt.
Das alles im Sinne einer scheinbar sicherheitsbringenden Indoktrination.
Der Schmerz ist ein Geschichtenerzähler und ein Wahrsager zugleich
und lehrt uns Vieles über uns selbst und über unser Selbst.
Manchmal ist dieser Schmerz so groß, dass wir glauben dran ersticken und qualvoll verenden zu müssen.
Der Knoten im Hals und die schwere Last im Brustkorb erschwert uns das Leben,
die damit einhergehende Ohnmacht das Selbst in vollen Zügen geniessen
gar als Geschenk der Schöpfung annehmen zu können, erschwert alles umso mehr.
Während der sehr qualvollen Reise ins frühe Kindesalter spürt man
trotz aller Elefantenhäutigkeit und des Schutzpanzers wie tiefgründig
und schrecklich die emotionalen und seelischen Verletzungen
sowie geistigen Verstümmelungen dieses Inneren-Kindes gewesen sein müssen,
die einen sogar im Erwachsenenalter zu tiefst rühren
und gar zur Überproduktion in den Tränensäcken führen.
Das muss ein abartiger Schmerz für dieses Kind gewesen sein,
wenn gar dem Erwachsenen das Leid so nahe geht.
Respekt Du mutiges, starkes, kleines, unschuldiges und
von tiefster Reinheit und Unschuld durchflossenes
und nach Liebe lechzendes Wesen!
Bis heute konnte IHM niemand die Antwort auf die Frage geben:
Wieso?
Eine Antwort auf dieses Wieso habe auch ich nicht, allerdings auf die Frage nach dem "MICH".
Die Antwort darauf ist m. A. n. verblüffend und naheliegend zugleich,
wenn man sich die Zeit für die innere Rückkehr nimmt und sich auf das Wesentliche einlässt.
Ich bin mir ziemlich sicher,
dass jedes Individuum dazu in der Lage ist,
das "MICH" in sich wieder zu entdecken.
Es ist zwar verdeckt in der letzten dunklen Ecke, aber es ist dennoch da.
Im Laufe der letzten Jahre im Dienste der Gesellschaft und der Familie hatte ich IHN gänzlich aus den Augen verloren.
Es gibt
keinen
größeren
Ehrgeiz
als
"""""""""""""""""" Haroun Afzal """""""""""""""""
zu
sein
Erst am Ende der Reise durch das Reich des Schmerzes stand die Erkenntnis.
Wir können erst richtig leben,
wenn wir ein bißchen gestorben sind.
Ich muss rückblickend sagen,
ich bin im Leben ganz schön oft gestorben,
zuletzt als mir meine beiden Herzhälften entrissen wurden.
Eines bleibt aber ganz sicher:
Das Herz wird immer durch die Kraft
der tief verwurzelten Liebe
die ursprüngliche Behausung aufsuchen
und wieder dorthin zurückkehren.
Schliesslich liegt das in der Natur der Liebe.
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Konzeption der vom umgebenden Raum durchdrungenen Konstruktion
Die Konstruktion aus Holzlatten, Schrauben und weißem Garn entstand
während der 7-Wochen und der intensiven Beschäftigung mit meinem Selbst
und gibt einen Überblick über die gesamte Therapiezeit.
Während auf der einen Seite das Innere-Kind Attribute
wie Fröhlichkeit, Lebensfreude, Neugierde
Jovialität, Unbekümmertheit und Leichtigkeit,
ganz im Sinne eines kantigen Polygons, symbolisiert,
steht dem gegenüber das Abgerundete, Grobgeschliffene und Gefeilte metaphorisch für
Freiheit, Kraft, Lebendigkeit, Romantik, Verführung,
Sexualität, Befreiung des Geistes, Wildheit,
Mut sowie die Essenz der Reinheit als auch die Quelle der Inspiration,
Jugend und Schönheit.
Diese Holzlattenkonstruktion reiht sich ein
in die Serie der Guerilla-Art-Objekte und
ist mittlerweile als Schenkung an die Klinik übergegangen.
Der Konstruktion liegt eine einfache Überlegung zugrunde:
Wie gelingt es aus einfachen Geraden vermeintliche
und für das menschliche Auge klar erkennbare Rundungen zu konstruieren,
und somit das menschliche Auge an die Grenzen der Wahrnehmung zu bringen?
Das Fest des Erwachens der Natur geht auf die wahrscheinlich älteste monotheistische Religion der Menschheitsgeschichte sowie den altpersischen Priester Zoroaster zurück. Gefeiert wird dieses Fest seit über 2600 Jahren in der Region Altpersiens. Zelebriert wird der Triumph des Guten über das Böse sowie der Glückseligkeit über den Kummer. Zur Vorbereitung gehören "Khoana Takkonni" was soviel wie das Haus rütteln bedeutet, also Frühjahrsputz und die Zusammenstellung von 7 Dingen, mit dem Anfangsbuchstaben S. Mit dem Nouruz (deutsch neuer Tag oder Neujahr) beginnt ebenfalls das neue Jahr. Interessanterweise fallen die 12 Tierkreiszeichen bzw. Sternzeichen ebenfalls mit den 12 Monaten des persischen Kalenders zusammen.
"In the future everyone will be famous for 15 minutes" lautete der Leitspruch zu einem Projekt Andy Warhols.
In dieser Arbeit werden gesellschaftliche Umwälzungen der Gegenwart thematisiert, welche auf völkische und nationalistische Tendenzen und Vorstellungen basierend breitflächige und tief schürfende Wunden in die pluralistische Identität einer Mehrheitsgesellschaft mit demokratischen Grundstrukturen hinein ritzt und somit den Frieden zwischen den einzelnen Kulturen und Ethnien ins Ungleichgewicht stürzt. Bei diesem Exponat handelt es sich um ein analoges Gerät, welches durch die Betätigung eines Kurbels einen Arm in die Höhe steigen lässt und somit den Partizipienten als Sujet sich selbst als Mittäter sowie Mitläufer ertappen lässt.
Frei nach dem Motto:
"In the future everyone will be a nazi for 15 minutes - 15 minutes of shame"